Unlaengst wurde der Planet durch eine Reihe von Naturereignissen erschuettert. In Chile war Erdbeben und sogenannte Tsunamis brubbeln durchs Meer und bedrohen weit benachbarte Kuestenregionen mit Ueberschwemmung. Beim Erdbeben von Chile kommt westwaerts erst eine ganze Weile nichts und dann kommt Neuseeland oder Japan. Bischen weiter noerdlich kommt die Inselgruppe Hawaii. Die Information ueber das Erdbeben erreichte mich Samstagabend ueber den DPA-Newsticker. Die Texte sind dort immer relativ kurz gefasst. Also der Griff zur Fernbedienung des Fernsehers, weg von DSDS und Wetten dass… und ruebergeschalten zu unseren Nachrichtenkanaelen N24 und ntv. Tatsaechlich war man gerade bei den alten Aegyptern unterwegs oder Herr Kronzucker erzaehlt was ueber das Paarungsverhalten der Eskimopinguine im suedpolarischen Eismeer. Keine Spur von Erdbeben. Beim Weiterschalten dann zum ersten Mal bei CNN vorbeigeschaut. Die Tafel BREAKING NEWS im Bild kuendigt schon mal an, dass irgendwas passiert sein muss auf der Welt. Tatsaechlich zu sehen ist ein Bild von einem etwas groesseren Schiff, was irgendwie auf dem Trockenen sitzt. Genaugenommen sind es 5 Bildern, die von einem Mensch mit der Maus im Windows-Mediaplayer immer wieder durchgeklickt werden. Dazu erzaehlt jemand was am Telefon ganz aufgeregt dem Ansager im Studio. Mhmm, offenar ist man noch nicht so weit mit der Nachrichtenproduktion, also spaeter nochmal bei CNN vorbeischauen. N24 und ntv senden weiter aus dem alten Aegypten bzw. vom Suedpol. Eine halbe Stunde spaeter hat jemand paar Filmaufnahmen von Hawaii bei CNN vorbeigebracht. Es ist Samstagnachmittag Ortszeit, die Straende sind menschenleer, auf den Strassen ist auch niemand, alles wappnet sich fuer den Tsunami. Im Studio wurde eine Wettertante hinzugezogen, die wie bei der Matrix auf einem extremen Breitbandmonitor erklaert was los ist und was demnaechst los sein wird. Von Chile hat man jetzt paar Bilder reingekriegt und ein anderer Mensch am Telefon erzaehlt ganz aufgeregt, waehrend der Hawaiianer paar Sachen im Supermarkt besorgt, die ihn vielleicht ueber eine schwere Zeit bringen. Mittlerweile ist auch eine weitere gute halbe Stunde rum. Zwischendurch kam nicht einmal Werbung. Stattdessen hat man jetzt ein Kamerateam incl. Reporter in Hawaii auf den Diamant Head hingestellt (das ist der hoechste Punkt in Honolulu). Offenbar geht man davon aus, dass man ganz andere Probleme hat, wenn auch dieser Punkt ueberspuelt wird. Dann hat man noch 2 Webcams angezapft, auf denen immer wieder das Meer zu sehen ist mit der einen oder anderen Welle. Bloederweise erwaehnt man die URL der Webcam-Seite, die dann natuerlich sofort zusammenbricht, weil jeder auch die Bilder auf seinem Rechner sehen will, die man eigentlich auch im Fernsehen sieht. Die Wettertante gibt erstmal einen Crashkurs in Geologie und erklaert mit Diagrammen und Kurven, den Schlimmigkeitsgrad der Ereignisse. Der Zuschauer hat irgendwie den Eindruck, dass er allseits informiert wird. Wenig spaeter springt noch ein junger Reporter ins Bild, der eindeutig vor kurzem zu Hause aus dem Bett gesprungen ist, sich seinen Anzug anzog, einen Coffee-to-go mitbekam und bei der U-Bahn-Fahrt ins CNN-Studio das halbe Internet abgraste nach Informationen zum Erdbeben. Diese Infos sprudeln dann geradezu euphorisch aus ihm raus. Er erzaehlt von der Stimmung im Netz und das die meisten Informationen bei Twitter zu finden sind mit dem Hashtag #hitsunami. Nebenbei wird noch Twitter erklaert und dass man Skype auch ganz schnufflig findet, weil dann Telefonieren auch ohne herkoemmliche Telefonleitungen funktioniert. Bei Twitter tut sich erstaunliches. Nach 5 Minuten hat man 3500 Tweets zum Lesen mit dem Hashtag #hitsunami. Minuetlich werden es mehr. Viele Tweets kommen aus Hawaii, einige auch aus Chile und Umgebung in der dort ueblichen Landessprache. Der Reporter im Studio warnt dann noch vor Spam, der ebenfalls mit Hashtags ueber Twitter verteilt wird und die Leser auf Spamwebseiten fuehren soll. Wieder hat der Zuschauer den Eindruck, allseits informiert zu werden. Der Reporter auf dem Diamant Head in Hawaii hat jetzt ein bischen Gesellschaft bekommen. Die Strassenraender sind zugeparkt mit Autos und alle starren aufs Meer raus. Praesident Obama wurde aus dem Bett geholt und er erklaert den Amerikanern, wie er die Sache sieht und den Chilenen helfen will (den Hawaiianern natuerlich auch). Aber denen ist ja noch nichts passiert. Die ankommenden Wellen sind wohl deutlich schwaecher als erwartet. Die Wettertante erklaert nochmal unterirdische Fluesse von Wasser im Meer. Die in Hawaii erwartete Katastrophe scheint aber nicht stattzufinden. Zeit also etwas Werbung mal auszustrahlen und die Nachrichten neu zu sortieren. Von Chile hat man erstmal keine weiteren Bilder und so klingt der Samstagabend am Fernseher langsam aus.
Tags darauf sollte uns das Sturmtief “Xynthia” erreichen. Wieder hatte ich die Info kurz im Newsticker aufgeschnappt, dass es Sonntag ab 09:00 Uhr ziemlich schlimm werden wuerde in Deutschland. Der Besuch auf der Dachterasse zeigt: Noch nie war es so windstill wie heute. Die Wetterwarnung auf www.wetter.com wurde dann auf 12:00 Uhr korrigiert. Immer noch absolute Windstille. 12:05 Uhr dann ein leises Klappern der Dachschindeln. 12:08 Uhr gehts dann richtig los mit ganz viel Wind und ohrenbetaeubenden Geklapper. Zeug fliegt durch die Gegend, die Baeume biegen sich um 90 Grad, die Feuerwehr kreist durchs Revier. Wieder der Griff zur Fernbedienung. Irgendwo war zu lesen, dass das Sturmtief aus Spanien kommt und dort schon ganz viel Schaden angerichtet hat. Dabei faellt mir ein, dass ja 2 Tage zuvor grosses Unwetter auf Madeira war. Bloederweise hat man davon nichts mehr gehoert - bis das Unwetter dann vor der eigenen Haustuer weht. CNN analysiert immer noch das Erdbeben in Chile und hat jetzt ganz viele Bilder dazu zum Zeigen. Dann gibts noch Nachrichten aus aller Welt. N24 und ntv zeigen wieder Dokus - den ganzen Tag. Erst abends wird das Thema Xynthia mal aufgegriffen. Bahn- und Flugverkehr sind laengst zum Erliegen gekommen, die BAB 3 ist gesperrt, weil ein Stueckchen Strasse fehlt und ganz viele Baeume auf der Fahrbahn liegen. “Auch einige andere kleinere Strassen sind gesperrt” und “Passanten und Menschen wurden bislang nicht verletzt” toent der Reporter. Vorm Frankfurter Hauptbahnhof soll ein Reporter ueber den ausgesetzten Bahnbetrieb in Rhein/Main berichten und wie es den Menschen so geht. Stattdessen labert er (direkt vorm Frankfurter Hauptbahnhof) davon, dass im NRW jetzt auch der Bahnbetrieb ausgesetzt wurde und es wahrscheinlich hier noch schlimmer werden wird. Tja, den Zusammenhang vermoegen wir auch nach laengerem Ueberlegen nicht erkennen. Eines ist bloss klar: Deutsche Nachrichtendienste sind immer noch total seicht und uninformativ. Dieses Wochenende haben wir Sturmtief “Yve” mit neuen Schneemassen. Mal sehen, welche Nachrichten dazu produziert werden. Meine Prognose: Streusalz alle, Flughafen dicht, Poppen am Suedpol. Fertig