Seit einiger Zeit besuche ich Veranstaltungen zum Thema Cloud Computing. Cloud Computing ist, falls es jemand tatsaechlich noch nicht wissen sollte, ein Hype, der vor 1-2 Jahren begann und noch mindestens 5 Jahre anhalten wird. Ganze Industriezweige werden noch wirtschaftlichen Gewinn erwirtschaften – weniger mit dem Cloud Computing (weil sie nichts haben), aber mit dem Hype. Das neudeutsche Wort dafuer heisst Cloud Washing: Habe ein abgetragenes Produkt, gebe es einen neuen Namen und verkaufe es teuer weiter. Ein Konzept, was spaetestens bei abgetragenen Jeans und zerfetzten Klamotten erfolgreich ist. So etwa die T-Shirts von Holister, die aussehen wie 2 Tage Daueraufenthalt im Waeschetrockner bei 170 Grad. Cloud Computing ist eine Informations Technologie, die mindestens schon so alt ist wie das kommerzielle Internet. Enstanden ist sie aus der Notwendigkeit desselben. Also wie baue ich einen Weltcomputer, auf den ich ueberall zugreifen kann und der immer verfuegbar ist. Kein kommerzielles Produkt ist bis dato in der Lage, so etwas zu liefern. Es gibt kein Oracle-RAC mit 16.000 Nodes, was fuer jeden Idioten mit Internetanschluss verfuegbar ist. Allenfalls gibt es so was im Wissenschaftsnetz am CERN, wo dann riesige Berechnungen angestellt werden, um die Frage zu klaeren, wo wir her kommen. Wer von zu Hause die Antwort sucht, macht das ueber Google. Google weiss alles. Mehr als Altavista – eine Suchmaschine, die zu Startzeiten von Google die Welt beherrschte und mittlerweile zur Bedeutungslosigkeit verkommen ist. Doch wie kommts? Bei Google gibt es keine Wartezeiten. Die besten Suchtreffer lassen sich auch nicht erkaufen (ausser ueber sponsored Links). Google weiss also alles. Das geht mit unzaehligen Googlebots, die die Daten einsammeln, bewerten und abspeichern. Google hat die besten Treffer. Das geht mit einem ausgekluegelten Bewertungsmechanismus fuer Webseiten und deren Daten. Google funktioniert ueberall. Das geht mit einem riesigen Rechencluster, der denselben Datenbestand hat und weltweit verfuegbar ist. Wegen der Nachhaltigkeit sollten die Daten auch langfristig verfuegbar sein. Und es sind VIELE Daten. Sobald eine Webseite verlinkt ist, ist deren Inhalt ueber kurz oder lang bei Google gelistet. Sowas kann man nicht kaufen. Kein Datenbank-Cluster kann so was in der der Geschwindigkeit bereitstellen. Und weil es das nicht gibt, hat Google ebend diese Datenbank erfunden. Und weil es kein Filesystem dafuer gibt, haben sie ebend auch das noch erfunden. Und weil es keine passende Rechner dafuer gab, haben sie diese nach ihren Vorstellungen bauen lassen. Und weil es die dafuer passende Rechenzentrum nicht gab, haben sie einfach eigene Container in die Landschaft gestellt und diese weltweit vernetzt. All das haben sie gemacht, weil es technisch notwendig war, um so einen Suchdienst anzubieten. Man hat darueber nicht geredet, sondern man hat es einfach gemacht. Den Grossteil der Menschheit interessiert das heute auch nicht. Sie benutzen Google einfach und wenn sie nur die Startseite aufrufen, waehnen sie sich „im Internet“, denn Google ist das Internet. Die Skeptiker sind skeptisch, aber niemand wird ja gezwungen, Google zu benutzen. Die bequemste Anwendung ist, nach „gmx“ zu suchen, um auf den ersten Suchtreffer zu klicken, weil man www.gmx.de nicht in die Browserzeile eingeben kann. Aber das nur so nebenbei. So nach und nach waechst der Personalbestand, der sich dann fragt: Wie funktioniert das alles? Da Google schon so viel Abstand hinter seiner Konkurrenz gelassen hat, macht es also keinen Unterschied, den Rest der Menschheit dies zu erklaeren. Dabei stellt man dann aber fest, dass man genauso gut die Landschaftsarchitektur des 7.Mondes von Saturn beschreiben koennte. Es ist einerseits schon sehr faszinierend, dass es offensichtlich eine Landschaft dort gibt, aber man versteht bei der Beschreibung erlesener Gesteine und Kristalle einfach nur Bahnhof. Ausser der US-Regierung ist keiner in der Lage das nachzubauen. Neben dem 7.Mond tauchten jetzt noch andere Gestirne am Firmament mit aehnlicher Infrastruktur auf: Amazon, Ebay, Facebook, Twitter ... technologisch alles sehr anspruchsvolle Sachen. Aber auch recht einfach gehalten. Jeder hat seine Cloud. Lange Zeit ging auch alles gut. Also sogar ziemlich gut! Bis sich dann irgendwann mal jemand fragte: Hey, wieso laeuft das so gut? Und warum nicht bei mir? Das war die Geburtsstunde des kommerziellen Cloud Computings. Ploetzlich wollten alle Cloud machen. Denn es war ja gut. Computerhersteller und Softwarelieferanten steuerten das Ruder hart gegen den Strom: Wir brauchen Cloud Computer und Cloud Services. Flugs wurden ein paar Produktbezeichnungen geaendert und gleich noch die Preisschilder korrigiert. Massenhaft Buecher erschienen und Publikationen, die das Phaenomen erklaerten. Kurze Zeit spaeter pilgerten diese Leute durchs Land. Man trifft sie auf jenen Veranstaltungen wie die CloudConf 2010. Nicht, dass irgendjemand etwas zu dieser Technologie beigetragen haette, aber es gibt unzaehlige Erklaerer und Philosophen. Man koennte sie auch als Wanderprediger bezeichnen, aber sie wuerden tatsaechlich Wein praedigen und Wasser trinken, denn neue Technologien setzen sie nur hoechst selten ein. Erzaehlt wird aber viel darueber. Als waere man dabei gewesen in der legendaere Garage in der Google das Licht der Welt erblickte. Mir ist am zweiten Konferenztag das unschoene Wort Plapperkaefer eingefallen. Ich weiss, es ist nicht sehr schmeichelhaft, aber der Kaefer kann nun mal keine Wolken bauen – dazu muesste er erst fliegen. Weitere Betrachtungen gibt es hier und hier.