Heute widme ich einen Artikel mal einem ganz besonderem Bauwerk, dem Berliner Hauptbahnhof. Er wurde 2006 erbaut, wurde 2007 zum Grossstadtbahnhof des Jahres praemiert und soll angeblich 300.000 Passagiere pro Tag befoerdern. Dazu hat er sage und schreibe 14 Gleise bekommen, von denen 2 dem S-Bahn-Verkehr vorbehalten sind, der ueberfluessigerweise hier vorbeigefuehrt wird. Obwohl, wenn die S-Bahn nicht waere, wuerde man den Bahnhof ja gar nicht erreichen. Erst naechstes Jahr soll er noch einen Strassenbahnanschluss bekommen. Fuer Frau Merkel ist er fusslaeufig erreichbar, aber das nuetzt allen anderen ja auch nicht viel.
2007 war auch das Jahr, bei dem ein Stahltraeger aus der Dachkonstruktion auf den Eingang rumpelte. Der Bau des Bahnhof stand sowieso unter keinem guten Omen: Die Kosten weitestgehend ueberzogen, das Dach dafuer verkuerzt, sodass der ICE teilweise im Freien stand. Ist aber ganz gut, denn Glasdachkonstruktionen birken auch ihre Tuecken: Wenn Schnee drauf liegt, bleibt es in der Halle dunkel und man denkt ploetzlich ueber Schneelast nach. Ausserdem ist so eine Glaskonstruktion nicht gerade pflegeleicht. Gepflegt wird meistens gar nicht, sodass die Fassade mit zum siffigen Eindruck vom Bahnhof beitraegt. Aussen hui, innen pfui? Das 5-teilige Abfalltrennsystem gewinnt vielleicht einen Designerpreis, aber zur Aufnahme von wirklich viel Muell ist es ungeeignet. Dass sich dann der Muell drauf stapelt oder danebenliegt, kann man den Reisenden nicht mal veruebeln.
Die Reisenden, ach ja, die stoeren so bischen im Gesamtensemble. Wer mit dem Zug verreisen will, muss auf jeden Fall erstmal Rolltreppe fahren. Die Rolltreppen sind auch asymetrisch angebracht, dass man noch an moeglichst vielen Geschaeften vorbeikommt, um irgendwas zu kaufen. Verweilen kann man unterwegs aber nicht, denn fuer Sitzgelegenheiten gibt es Fehlanzeige. Man koennte also versuchen, den Fahrstuhl zu nehmen, aber das ist eine denkbar schlechte Idee, denn es wurden die langsamsten Fahrstuehle der Welt verbaut. Wenn man vom Untergeschoss zum S-Bahn-Steig moechte, brauch man 3 verschiedene Fahrstuehle, die teilweise nicht mal doppelt ausgelegt sind. Wenn also einer kaputt geht, gibt es nicht mal Ersatz. Bei Rolltreppen gibt es zwei pro Doppelbahnsteig, aber die liegen auch baulich im jeweils anderen Teil des Bahnhofs.
Auf dem Bahnsteig angekommen, sollte man sich erstmal vergewissern, ob man ueberhaupt richtig ist. Wenn der Zug statt von Gleis 14 vom Gleis 5 abfaehrt, reichen 10 Minuten nicht aus, um mit Gepaeck zum neuen Abfahrtsgleis zu gelangen. Fahrplanaenderungen findet man nur behelfsmaessig an Papptafeln angeschlagen, eine uebersichtliche Abfahrtsanzeige sucht man (wie bei vielen anderen Bahnhoefen) vergeblich. Es ist halt nicht moeglich, die Abfahrtszeiten sagen wir mal der naechsten 2 Stunden mit allen Aenderungen anzuzeigen. Ein bundesweites Problem ist auch die Anzeige am Bahnsteig selber. Ab 10 Meter Abstand sieht es mit der Lesbarkeit nun mal schlecht aus. Die Bahnsteige sind in Berlin auch nicht breiter als anderenorts. Entsprechend dicht draengeln sich die Menschen, wenn dann mal ein Zug hier startet ... aber startet er denn wirklich hier? Mitnichten. Die meisten ICEs beginnen immer noch im Ostbahnhof, weil der Hauptbahnhof keine Abstellmoeglichkeiten hat. So wohnen die Waggons immer noch in Lichtenberg oder Rummelsburg und gehen dann von dort auf Reisen. Ihr erster Bahnhof ist nun mal Ostbahnhof und so lautet der ultimative Tip schlechthin: Gucken, wo der Zug eingesetzt wird (meist sind es so magische Orte wie Berlin-Ostbahnhof, Gesundbrunnen, Suedkreuz) und dort die Reise im noch leeren ICE beginnen. Denn aus unerfindlichen Gruenden hat es die Deutsche Bahn noch nicht geschafft, die Haltezonen des Zuges genauer als A-B-C-D-E-F-G zu definieren. Dabei ist es technologisch sogar moeglich, den Zug passgenau mit der Einstiegstuer des entsprechenden Wagens und der darin befindlichen Platzreihen zur Verfuegung zu stellen. Stattdessen verkehren mindestens 50% der Zuege in verkehrter Wagenreihung, was fuer besonders viel Vergnuegen sorgt, wenn nur der vordere Teil eines Doppelzuges verdreht ist - und im hinteren dafuer die Klimaanlage Zugheizung nicht funktioniert.
Aber wir wollen nicht nur ueber den Hauptbahnhof jammern. Im Bahnhof Spandau gibt es noch lustige Lueftungsschlitze im Dach. Das sorgt dafuer, dass auch Schnee unter das Bahnhofsdach stiebt und sich auf den eigentlich beschuetzten Bahnsteig niedersetzt. Auch nicht so toll. Zu Befuerchten bleibt bloss noch, dass dem Flughafen BER ein aehnliches Schicksal erfaehrt wie Berlin Hbf.- tolles Bauwerk, aber irgendwie zu nichts zu gebrauchen.